
Advent
Im Tale sind die Blumen nun
verblüht
Und auf den Bergen liegt der erste Schnee.
Des Sommers Licht und Wärme sind verglüht,
In Eis verwandelt ist der blaue See.
Wie würde
mir mein Herz in Einsamkeit
Und in des Winters Kälte angstvoll gehn,
Könnt ich in aller tiefen Dunkelheit
Nicht doch ein Licht in diesen Tagen sehn.
Es
leuchtet fern und sanft aus einem Land,
Das einstens voll von solchen Lichtern war,
Da ging ich fröhlich an der Mutter Hand
Und trug in Zöpfen noch mein braunes Haar.
Verändert
hat die Welt sich hundertmal
In Auf und Ab - doch sieh, mein Lichtlein
brennt!
Durch aller Jahre Mühen, Freud und Qual
Leuchtet es hell und schön: Es ist Advent!
(Hilde
Fürstenberg)

Der Stern
Hätt' einer auch
fast mehr Verstand
als wie die drei Weisen aus Morgenland,
und ließe sich dünken, er wäre wohl nie
dem Sternlein nachgereist, wie sie;
dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
seine Lichtlein wonniglich scheinen läßt,
fällt auch auf sein verständig Gesicht,
er mag es merken oder nicht,
ein freundlicher Strahl
des Wundersternes von dazumal.
(Wilhelm
Busch)

Advent
Es treibt der Wind
im Winterwalde
die Flockenherde wie ein Hirt,
und manche Tanne ahnt, wie balde
sie fromm und lichterheilig wird,
und lauscht hinaus. Den weißen Wegen
streckt sie die Zweige hin - bereit,
und wehrt dem Wind und wächst entgegen
der einen Nacht der Herrlichkeit.
(Rainer
Maria Rilke)

Weihnacht
Es
blüht der Winter im Geäst,
und weiße Schleier fallen.
Einsam erfriert ein Vogelnest.
Wie vormals läßt das Weihnachtsfest
die Glocken widerhallen.
Es
neigt sich über uns der Raum,
darin auch wir uns neigen.
Es glänzt der Kindheit Sternentraum.
Ein neuer Stern blinkt hoch am Baum
und winkt aus allen Zweigen.
(Johannes R. Becher)

Weihnachtslied
Vom
Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.
Mir
ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstille Herrlichkeit.
Ein
frommer Zauber hält mich wieder.
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.
(Theodor Storm)
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